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Spielend Konflikte lösen: Teams in der agilen Softwareentwicklung

Lesedauer ca. 5 Minuten
24.10.2024

In der agilen Softwareentwicklung, insbesondere in Scrum Teams, sind Diskussionen zur Findung der bestmöglichen Lösung an der Tagesordnung. Die Vielschichtigkeit der Projekte und die wechselnden Anforderungen unserer Kunden erfordern, dass alle Teammitglieder ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Kommunikationsgeschick mitbringen. Um in schwierigen Situationen Lösungen zu erarbeiten und die Zusammenarbeit zu stärken, greifen Scrum Master gerne auf Teamspiele zurück – nicht nur zum Spaß, sondern mit dem Ziel, eine positive Veränderung im Team herbeizuführen.

Komplexe Umgebung der agilen Softwareentwicklung

In der agilen Softwareentwicklung begegnen Teams einer dynamischen und oft unvorhersehbaren Umgebung. Bei IT Sonix arbeiten unsere Teams eng mit den Entwickelnden und dem Management unserer Kunden zusammen, um maßgeschneiderte Softwarelösungen zu entwickeln. Jedes Team agiert dabei in einem spezifischen Kontext, der durch die Anforderungen der Kunden und der zu implementierenden Technologien bestimmt wird. Um dennoch erfolgreich zu sein, müssen Scrum Teams trotz kontinuierlicher Veränderungen – sei es auf technischer, organisatorischer oder zwischenmenschlicher Ebene – handlungsfähig bleiben. Die Arbeitsfähigkeit eines Teams geht jedoch weit über die technische Ausstattung hinaus. Sie umfasst die Fähigkeit, unter sich ändernden Bedingungen zielgerichtet zu arbeiten und als Einheit zu agieren. Diese Flexibilität ist ein wesentlicher Bestandteil agiler Methoden und ein Schlüsselfaktor für den langfristigen Projekterfolg.

Die (Dys-)Funktionalitäten eines Teams

Die Herausforderung, ein Team funktionsfähig zu halten, wird im Modell von Patrick Lencioni „Die fünf Dysfunktionen eines Teams“ deutlich. Das Modell von Patrick Lencioni beschreibt eine Pyramide, die fünf zentrale Dysfunktionen eines Teams aufzeigt. Diese Dysfunktionen, wie „fehlendes Vertrauen“ oder „Angst vor Konflikten“, können die Effektivität eines Teams einschränken. Ihnen gegenüber stehen funktionale Teamverhaltensweisen wie „Vertrauen“ und „Offenheit für Konflikte“. In einem Scrum Team ist es wichtig, diese Dysfunktionen zu erkennen und Wege zu finden, sie konstruktiv zu bearbeiten. Anstatt die Dysfunktionen gänzlich zu vermeiden, geht es darum, sie bewusst zu machen und durch funktionale Verhaltensmuster zu ersetzen, um die Zusammenarbeit und Leistung des Teams schrittweise zu verbessern.

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In agilen Teams ist dies besonders wichtig, da die Arbeit oft durch kurze Sprints und iteratives Vorgehen geprägt ist. Teams, die keine konstruktiven Konflikte zulassen und stattdessen eine künstliche Harmonie pflegen, laufen Gefahr, wichtige Diskussionen zu vermeiden. Das kann sich direkt auf die Qualität der Software und die Produktivität des Teams auswirken. Wenn Konflikte jedoch zugelassen und gelöst werden, kann das Team gemeinsam wachsen und seine Ziele schneller und effizienter erreichen.

Warum gerade Spiele im agilen Kontext?

Unsere Scrum Master setzen Spiele in agilen Teams aus folgenden Gründen gezielt als Werkzeug ein:

  1. Spielen als Lernchance: Spiele bieten eine Gelegenheit, neue Verhaltensweisen in einem sicheren Rahmen auszuprobieren. Sie ermöglichen es den Teilnehmenden, aus ihrer gewohnten Rolle herauszutreten und neue Perspektiven einzunehmen. Gerade in der Softwareentwicklung, wo Zusammenarbeit und Kommunikation über Erfolg und Misserfolg entscheiden, können Spiele helfen, die Art und Weise, wie Teammitglieder interagieren, nachhaltig zu verändern. Diese Erfahrung kann zu einem tieferen Verständnis für die eigene Rolle im Team führen und die Zusammenarbeit verbessern.
  2. Spiele als Simulation: Durch Spiele können auch Situationen simuliert werden, die im normalen Arbeitsalltag nicht immer sichtbar werden. So können Scrum Teams durch Rollenspiele oder kooperative Spiele typische Konflikte nachstellen, ohne dass echte emotionale Hürden bestehen. Das fördert die Konfliktbereitschaft und gibt dem Team die Möglichkeit, Lösungsstrategien in einer unverfänglichen Umgebung zu erproben. Manchmal kann dabei auch ein bisher unbemerkter realer Konflikt zutage treten. Dieser wird durch das Spiel sichtbar und kann somit gezielt angegangen werden – ein wichtiger Schritt, um die Funktionalität des Teams zu verbessern. Bisher schädliche Muster wie künstliche Harmonie werden aufgebrochen und das Team kann reflektiert neue Mechanismen zur Konfliktlösung entwickeln.

Die Rolle des Scrum Masters im Spieleinsatz

Scrum Master nutzen Teamspiele nicht nur, um Spaß in den Arbeitsalltag zu bringen, sondern auch, um gezielt die Dynamik im Team zu verbessern. Laut dem Scrum Guide ist es die Aufgabe des Scrum Masters, das Team kontinuierlich dabei zu unterstützen, seine Prozesse zu reflektieren und zu optimieren. Dabei spielen Teamdynamiken und soziale Interaktionen eine zentrale Rolle. Teamspiele bieten hier eine hervorragende Möglichkeit, Verhaltensmuster sichtbar zu machen und sowohl dysfunktionale als auch funktionale Praktiken zu verändern oder zu stärken. Ein Beispiel: Wenn ein Scrum Master beobachtet, dass die Kommunikation innerhalb eines neuen Teams noch nicht flüssig ist, könnte ein kooperatives Spiel Abhilfe schaffen. Ein einfaches Kommunikationsspiel, das losgelöst von der eigentlichen Arbeitssituation durchgeführt wird, kann Teammitglieder dazu anregen, offener miteinander zu sprechen und sich besser abzustimmen. Das verbessert letztlich auch die Zusammenarbeit in der eigentlichen Softwareentwicklung.

Freiwilligkeit und Zielsetzung beim Spielen

Wichtig bei der Einführung von Spielen in Scrum Teams ist das Prinzip der Freiwilligkeit. Lernen und persönliche Weiterentwicklung funktionieren nur, wenn alle Teilnehmenden aus eigenem Antrieb an den Spielen teilnehmen. Das wird besonders deutlich, wenn in einem internationalen Team Sprachbarrieren eine Rolle spielen. Für Mitarbeitende, die sich in einer Fremdsprache ausdrücken müssen, kann die Teilnahme an einem Spiel, bei dem sprachliche Fähigkeiten im Vordergrund stehen, zusätzlichen Druck erzeugen. Ein guter Scrum Master erkennt solche Situationen und sorgt dafür, dass Spiele nur dann eingesetzt werden, wenn sie wirklich einen Mehrwert für das Team bieten. Damit ein Spiel erfolgreich zur Teamverbesserung beitragen kann, muss es zudem klar definierte Ziele haben. Ein Scrum Master sollte die sozialen Dynamiken des Teams beobachten und Hypothesen über mögliche Entwicklungspotenziale aufstellen. Im Anschluss wird ein Spiel ausgewählt, das gezielt auf diese Potenziale eingeht. Nur durch kontinuierliche Reflexion und Anpassung der eingesetzten Methoden kann gewährleistet werden, dass Spiele zu einem nützlichen Werkzeug im agilen Entwicklungsprozess werden.

Spielen ist nicht für alle geeignet – und das ist okay

Es gibt immer Teammitglieder, die sich nicht auf Spiele einlassen wollen. Manche empfinden diese Methode als zu verspielt oder kindisch, andere fühlen sich in solchen Situationen unwohl. Wichtig ist, dass Scrum Master diese Bedenken ernst nehmen und die Gründe für die Ablehnung verstehen. Selbst ein offenes Gespräch darüber, warum jemand nicht am Spiel teilnehmen möchte, kann bereits ein wertvoller Beitrag zur Teamfunktionalität sein. Es fördert das gegenseitige Verständnis und schafft Vertrauen – beides essenzielle Elemente für den Erfolg eines agilen Teams.

Fazit: Teamspiele als Werkzeug in Scrum Teams

Teamspiele bieten Scrum Teams eine wertvolle Möglichkeit, ihre Arbeitsfähigkeit zu steigern und Teamdynamiken zu verbessern. Obwohl sie kein Allheilmittel sind, können sie einen entscheidenden Impuls geben, der dazu führt, dass Teammitglieder mehr Vertrauen zueinander fassen und effektiver zusammenarbeiten. Selbst eine kurze Spielsession kann dazu beitragen, Dysfunktionen zu erkennen und zu überwinden – und so die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der agilen Softwareentwicklung schaffen.